Kwaliteit en wat er uit komt

Nieuws | de redactie
11 juli 2011 | Op de dollar staat sinds 1955: 'In God We Trust'. Een Amerikaanse HO-expert zei daar tegen prof Klaus Landfried over: "But all others have to prove their quality." De oud-president van de Duitse VSNU en HBO-raad geeft zijn even grondige als vrolijk-ironische visie op het debat over borging, accreditatie en "das Heiligen Reich dessen, was heute QUALITÄT genannt wird."

In zijn rede ‘Bedeutung von Qualitätsmanagement imHochschulbereich’ voor de vergadering van deIndustriellen-Vereinigung van Oostenrijk in Wenen van vorigeweek viel Landfried -als gebruikelijk- met de deur in huis:”Qualität in der tertiären Bildung: gibt es da ein Problem?Qualität wollen alle. Am besten noch mehr: Exzellenz. Und natürlichsoll Qualität auch gemanagt werden.”

In zijn betoog verbindt hij de actuele ontwikkeling in Europa enhet hoger onderwijs met de soms hilarische politieke correctheid envrome wensen van de bestrijding van de bureaucratie en metfundamentele inzichten van de grote denkers uit de klassieketijd van de Duitse filosofie. “Bildung beruht auf Selbsttätigkeitund zielt auf Selbsttätigkeit ab. Schon bei dem Autor diesesSatzes, Kollege Fichte aus Jena, vor 200 Jahren, wird derProzesscharakter des Sich-Bildens durch aktives Lernenerkennbar.”

U leest Klaus Landfrieds rijke rede hieronderin zijn geheel


Bedeutung von Qualitätsmanagement imHochschulbereich

Auf allen amerikanischen Münzen und Geldscheinen ist seit 1955der Satz zu lesen: “In God we trust”. Klingt etwas trotzig indiesen Tagen. Ich habe den Satz vor vielen Jahren von einemamerikanischen Hochschulforscher gelernt, der dann aber anfügte:”But all others have to prove their quality”. Alle, nicht nureinige.

Qualität wollen alle. Am besten noch mehr: Exzellenz. Undnatürlich soll Qualität auch gemanagt werden. Allerlei Verfahren,aus Wirtschaft und Finanzwesen vom Begriff her bekannt – aber nichtimmer rühmlich – haben in den letzten 10 Jahren auch dasBildungswesen durchdrungen. Nicht nur in Deutschland, obwohlhier mit manchmal peinlicher Schein-Genauigkeit”durchgeführt”, haben Qualitäts-Messungen und ihre BewertungenBildung und Ausbildung erfasst, sondern auch in praktisch allenLändern der Welt heißt es, nach “quality” in der Bildung zustreben.

Wieso? Weil die Steuern zahlenden Bürger und ihr Staat alsTräger der meisten Hochschulen, aber auch die privaten Träger, dasRecht haben zu erfahren, ob ihr Geld zu qualitätvoller Bildungbeiträgt, und ob es wirksam eingesetzt wird. Bislang ist dasBerichtswesen der Hochschulen dafür wenig geeignet.

Protocollen zijn geen excellentie

Zu den Grundlagen und zu allen Wegen, auf denen europaweitversucht wird, Qualität in Lehre und Studium zu prüfen, zu bewertenund zu dokumentieren, finden Sie alles Nötige in dem Handbuch”Qualität in Lehre und Studium”, das seit 2005 alsLoseblatt-Sammlung im Raabe-Verlag erscheint. Evaluation,Akkreditierung und Ranking sind die bekanntesten Verfahren.

Mehr als einen ordentlichen Zipfel vom Heiligen Reich dessen,was heute QUALITÄT genannt wird, bekommen die Rankings und Ratings,die Evaluationen und Akkreditierungen und andere Mess-Hilfsmittelnicht zu fassen, so unersetzlich sie gleichzeitig sind. Die vorallem in Deutschland meist viel zu langen Protokolle von solchenBewertungen beweisen nicht Exzellenz oder deren Gegenteil, sondernnur, dass das eine oder andere Kriterium während einerMomentaufnahme von Gutachtern als erfüllt eingeschätzt wurde.

Eingeschätzt, das ist wichtig festzuhalten, um die oftgestelzten Objektivitätsansprüche vor allem mancher Gutachterwieder auf den Boden der Wirklichkeit herunter zu holen. MancheGutachter mögen sich ja dabei fühlen wie die Mitglieder jenerCommissio Fidei, der Heiligen Glaubenskongregation, oder garweiland der Heiligen Inquisition, die in höchst strengen,förmlichen Verfahren überprüfte, ob Glaubensbekenntnisse UNDHandlungen ausgesuchter Personen den Qualitäts-Richtlinien derHeiligen Kirche entsprachen. Mit oft grausamen Folgen. Letzteregibt’s heute Gott sei Dank weder bei der Kirche noch bei denHochschulen  zu beklagen.

Toen het wensen nog hielp

Woher kommt das seit rund 15 Jahren gewachsene Interesse an”Qualität”, darunter das Interesse an Qualitätsmanagement, also ander Verbesserung eingeschätzter Eigenschaften gesellschaftlichenHandelns oder von Produkten auf Grund externer Bewertung undinterner Selbstvergewisserung? 

In jenen Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat, als dieWelt also noch nicht finanziell wie informationell vernetzt undalso für Panikanfälle und Vertrauenskrisen noch nicht so anfälligwar wie jetzt, nachdem vor kurzem ein “Haufen” von ebensogeldgierigen wie unverantwortlichen, aber leider kaum haftbar zumachenden Zahlenspielern – unter passiver wie auch aktiverMitwirkung des Staates, auch des deutschen – das globaleFinanzsystem ziemlich ruiniert hat, in jenen abgelebten Zeiten alsoging ein deutscher Handwerksmeister, der seine Werkstatt erneuernund moderner einrichten wollte, zu seiner Haus-Bank und suchte umein Darlehen an.

Die verantwortlichen Bankmitarbeiter oder gar der Chef selbstbetrachteten die bisherigen Konto-Beziehungen zum HerrnHandwerksmeister, ließen sich von ihm sein Modernisierungs-Vorhabenerläutern, auch seine daraus errechneten zusätzlichen Einnahmen.Dann kalkulierten sie, bis wann das Darlehen wieder zurückgeführtsein würde, rechneten die Konditionen auf Grundlage bescheidenerMargen aus und entschieden dann vor Ort (binnen Tagen, manchmalauch binnen Stunden) über das Ansuchen.

Das ging damals ungefähr so schnell wie es heute dauert, auchnur die Formulare für ein modernes Basel II – Rating auszufüllen.Wonach dann heute aber ein langer Prüf- und Bewertungsprozessstattfindet, meist schon gar nicht mehr vor Ort, durch  Leute,die den Handwerksmeister von 2009 persönlich kennen und einschätzenkönnten, sondern irgendwo in einem Zentralbüro an einem sozusagengrünen Tisch. Früher konnte Kreditwürdigkeit, also Bonität, alsodie Qualität des Darlehensnehmers, durch vielseitig gebildete, alsokompetente Personen zügig erkannt und dann auch zu-erkanntwerden.

Heute arbeiten sich emsige, fachlich nur speziell qualifizierteKreditsachbearbeiter, freilich, ohne jenes intuitive Wissen ihrerfrüheren Vorgänger auch nur anwenden zu dürfen, selbst wenn sie eshätten, an den vielen formalen Vorschriften bis  zum Ratingvor der Kreditgewährung an einen Antragsteller ab. Dazu sitzenihnen selbst noch immer die potenziellen, auf kritische Fundeausgehenden “Inquisitoren” der Innenrevision im Nacken. DerQualitätsbegriff wird so zu einem das wirtschaftliche Handelntötenden Bürokratismus pervertiert.

De oorsprong van kwaliteitsmanagement

Die Folgen sind so einfach wie dramatisch: vor allem kleine undmittlere Betriebe, also gerade diejenigen, die bis heute rund zweiDrittel und mehr aller Arbeitsplätze in Deutschland und wohl auchin Österreich geschaffen haben und bisher immer wieder neuschaffen, geraten damit auch mit ihrer Liquidität in die Klemme.Nicht etwa, weil sie keine echte Qualität/Bonität aufzuweisenhätten, sondern weil irgendwelche Formalkriterien undKurzzeiterwartungen zum jeweils geforderten Zeitpunkt nicht als”erfüllt” abgehakt werden konnten. Viele solche Fälle sind leiderdokumentiert. Und damit gelangen wir nun zu den Ursprüngen dessen,was im weitesten Sinne dieser bürokratischen Form von angeblichem”Qualitätsmanagement” zugrunde liegt:

Wir erkennen nämlich das Bestreben, durch sich ständig weiterverfeinernde Verfahrensregeln ein  Maximum, nicht allein einrelatives Mehr an Vergleichbarkeit und Transparenz vonInformationen herzustellen, deren früherer Fassung zu trauen manauf Grund sich häufender Missbrauchserfahrungen nicht mehr glaubte,verantworten zu können.

Natürlich spielt dabei auch die Masse der Vorgänge eine Rolle.Man muss nur die Entwicklung der Bilanzsummen mittlerer Sparkassenansehen – ebenso auch wie die Budgets und die Teilnehmerzahlen imBildungsbereich – um zu wissen, dass Rationalisierung undBürokratisierung der Bewertungs-Prozesse im Grundsatz kaumvermeidbar sind. Eine klügere Anwendung aber und eben mehrzurechenbare persönliche Verantwortung und Bereitschaft zuentscheiden war und ist nicht ausgeschlossen. Und ich verlange sieauch von allen Beteiligten.

Met de blik van Max Weber 

Eine Erinnerung an den scharfsichtigen Vater der modernenSoziologie, Max Weber, hilft verstehen, was sich da kulturellabspielt, vom Gesundheitssystem über das Kreditwesen, vomStraßenverkehr über die akademischen Prüfungsordnungen, vomeuropäischen Lebensmittelrecht bis zur Akkreditierung vonStudienprogrammen und ganzen Hochschulen. Sofern letztere esschaffen, eigene so genannte Qualitätssicherungsverfahren gegenüberden Prüfern nachzuweisen, können sie eine “Systemakkreditierung”erhalten.

Wie gut diese Verfahren dann die “Bonität” der Lernvorgänge inder Hochschule spiegeln, ist eine andere Frage, auf die ich nochzurückkomme. Es ging dem teilnehmenden Beobachter Max Weber zuseiner Zeit, also vor rund 100 Jahren schon, um den Zerfall einesvon verinnerlichten Normen und Werten gesteuerten”Einverständnishandelns”, das einmal von der sozial relevantenMehrheit der “Spielteilnehmer” der Gesellschaft bewusst akzeptiertoder doch unbewusst hingenommen, geübt und  praktiziert wurde,nun aber immer mehr der eingreifenden, kodifizierenden Regulierungbedarf, um noch einigermaßen seinen gesellschaftlichenOrdnungsfunktionen gerecht zu werden.

Ein sich ausbreitender, nicht mehr sich selbstdisziplinierender, egoistischer Individualismus, vor allem auf”Haben”  und “Sich Durchsetzen” gerichtet, auf Englisch indiesen Tagen auch als “greed” oder Gier bezeichnet – wer denkt danicht an Erich Fromms Begriffspaar “Haben oder Sein”? – trifft mit einer schwindenden Bereitschaft zusammen, Entscheidungenpersönlich zu fällen und auch zu verantworten, d.h. sich dafür inHaftung nehmen zu lassen.

Viele bislang nicht kodifizierte Regeln als Elemente jenesEinverständnishandelns schmelzen dahin vor der Hitze desegoistischen Feuers. Von Regelverletzung zu Regelverletzung, vonMissbrauch vorhandener Freiheitsräume zum nächsten Missbrauch, vonEntscheidungsschwäche zu Entscheidungsschwäche wächst schrittweiseauf allen Ebenen die Tendenz zu einer immer weitervoranschreitenden rechtlichen Verregelung, also Bürokratisierungder Handlungsfelder. Der Straßenverkehr, dessen Regeln mitGeschwindigkeitskontrollen und Video-Überwachung vom Abgleiten inein  brutales “Jeder gegen den Anderen” bewahren sollen – mitzweifelhaftem Erfolg – ist ein anderes Beispiel für die ablaufendenProzesse.

De EU-gehaktrichtlijn van 2009

Vergleichen Sie doch einmal die “Hackfleisch”-Verordnung der EUvon 2009 mit der der EWG von 1976, vergleichen Sie dievernünftige  Prüfungsordnung für das höhere Lehramt anberufsbildenden Schulen gewerblich-technischer Fachrichtung inRheinland-Pfalz (jedes Bundes-Land hat in Deutschland seine eigene”Qualitäts”-Auffassung) von 2008 mit der von 1974, als ich ins”Geschäft” mit diesem Arbeitsfeld eintrat, vergleichen Sie die zumLissabon – Vertrag umetikettierte “Verfassung” der EU mit derVerfassung der Vereinigten Staaten von Amerika: allen alten Textenist gute Verständlichkeit und – bei gutem Willen – auch einedeutliche Grundrichtung gemeinsam, die neuen Texte aberkennzeichnet, dass sie um den Faktor  15 bis 25 länger,komplizierter und schwerer zu verstehen und anzuwenden sind alsihre alten Vorgänger oder Vorbilder. Oder einfacher: dieintensivere Kodifizierung steuert nicht, sie verwirrt. DasSteuerrecht ist ein anderes Beispiel.

Der scheinbar kühl beobachtende Soziologe Max Weber – inWahrheit war er ein glühender Patriot, der den Niedergang seinesVaterlandes beklagte – hat natürlich auch erkannt, dass jenerPerfektionismus des Wortschwalls, also die mit fast nach demSchneeballprinzip wachsenden Verrechtlichungs-Orgien einher gehen,ja einhergehen müssen mit einem wild wuchernden Wachstum der aufdie Kontrolle der von ihr fabrizierten Vorschriften angesetztenBürokratie von Fach-Bürokraten.

Auf allen Tagungen, bei denen es um Hemmnisse für Innovationengeht, das heißt: um jene nicht planbaren, alte Muster brechendenKulturgüter zur Erneuerung von Gesellschaft und Wirtschaft, alsonatürlich auch der Bildung und ihrer Einrichtungen, wird lautstarkauf die lähmenden Folgen des Bürokratismus gezeigt. Und manfordert, ihn zurückzudrängen, ihn durch mehr “Autonomie” zuersetzen.

Wer so klagt und wohlfeile, Sympathie heischende Forderungenaufstellt, mag Beifall auf offener Szene erhalten. Aber nach derRückkehr in Unternehmung, Schule oder Hochschule daheim wird dasRückgrat schnell wieder weich, und die sich nach Koalitionärenumschauende Ängstlichkeit, die Sehnsucht nach konsensualerGeborgenheit in scheindemokratischen, weil Anonymität sichernden”Gremien” ohne erkennbare, persönlich zurechenbare Verantwortung,prägt wieder den Alltag. Das kommt davon, wenn man dentatsächlichen Ursachen der Krankheit nicht auf den Grund geht.

Vrome spreuken helpen niet meer 

Schon vor über 20 Jahren hat Ernst Wolfgang Böckenförde, einerder klügsten und  weit voraus schauenden Verfassungsrechtler (und Verfassungsrichter) Deutschlandsdarauf aufmerksam gemacht, dass die Funktionsfähigkeit desmodernen, scheinbar gefestigten demokratischen Verfassungsstaatesauf Voraussetzungen beruht, die dieser Staat nicht selbstgarantieren kann. So wie das Kreditwesen auf “mutual trust” UND aufder Eigeninitiative, dem unternehmerischen Handeln derWirtschafts-Subjekte beruht, so der demokratische Staat auf einemnicht garantierbaren Grundvertrauen der Bürgerschaft UND auf derenfreier politischer Eigeninitiative, dem politischen Handeln vonEinzelnen und Gruppen auch jenseits medial vorgebeteter politischerKorrektheit.

Wo aber dieses Vertrauen von einem überbordenden, in der Sacheallzu oft unsinnig agierenden Vorschriften-Staat und zugleich durchein Übermaß an medial verbreiteten, zweifelhaften Meinungsvorgaben- “political correctness” – gelähmt wird, breiten sich -demoskopisch gut erfassbar – Resignation und Zynismus aus.Erreichen diese beiden Einstellungen eine sozial relevante Mehrheitder Bevölkerung – ganz so weit ist es noch nicht bei uns – könnensie auch die Staatsform selbst in Gefahr bringen. Da helfen auchfromme Sprüche aus den politischen Parteien nichts.

Zwei Fälle, der eine aus der Kommunal-Politik, der andere ausdem Bereich der Hochschul-Bildung, will ich Ihnen kurz vorführen.Beide illustrieren die vorhin angesprochene Lähmung des freienDenkens, der selbstbewussten und selbst verantwortetenEigeninitiative. Der durch einen seiner akademischen Lehrer, CarlJoachim Friedrich – der war  über Jahrzehnte Professor ofGovernment an der Harvard University – in seinen persönlichenWerten durch dessen ‘common sense of the common man’ geprägte KlausLandfried bittet schon vorher um Nachsicht für seindrastisches Urteil in beiden Fällen.

Fall 1: Da klagte im Februar 2009 derOberbürgermeister von Oberhausen im Deutschlandfunk, leider fehltenfür das (wegen der Krise nötige) längst beschlosseneKonjunkturpaket von Bund und Ländern noch genaueDurchführungs-Verordnungen, damit die Kommunen die Mittel aus demgerade beschlossenen Programm auch über Ausschreibungen undanschließende Vergaben von Aufträgen auch ausgeben könnten.

Ja, du lieber Gott: statt seine Projektliste zu erläutern, diehätte längst  erarbeitet sein können und müssen, und ersteAusschreibungen in den ja in dem Programm hinreichend klarbeschriebenen Bereichen einfach auf den Weg zu bringen, damit esnicht noch weitere Monate dauert, bis die Investitionen zu wirkenbeginnen, werden wir Zeugen eines vorschriftenversessenen,ängstlichen Attentismus.  

Fall 2: Der hier zu Ihnen redet, istja für deutliche Worte berüchtigt, zumal unter Hochschul-Kollegen.Gleichwohl fragt man ihn nicht selten um Rat. So auch bei einerTagung im letzten Sommer. Da war auch ein Prorektor für Lehre undStudium  der Universität in X, der meinen Rat begehrte: was erdenn machen solle angesichts der Nicht-Antwort des hohenMinisteriums auf seine Anfrage an dasselbe, ob er denn mit einemneuen Weiterbildungs-Master beginnen dürfe, auch wenn dieAkkreditierungsagentur in Y, an die  sich zu wenden das hoheMinisterium nachdrücklich empfohlen hatte, ihn wegen “Überlastung”noch um etwas Geduld  bezüglich des Akkreditierungsverfahrensgebeten habe.

Ich antwortete ihm unverblümt, dass schon seine Anfrage beimhohen Ministerium ein Fehler gewesen sei. Wer Ministerien durch zuviele Fragen belästige, bekomme in der Regel ausweichende,unbrauchbare oder keine Antworten. In jedem Falle komme es aber zueiner überflüssigen Gängelung. Ob er denn nicht einfach loslegenund auf Studiwerbung gehen wolle, zumal  die betroffenenFachbereiche das interdiszplinäre Programm schnell beginnenwollten.

Des Herrn Kollegen ängstliches Staunen ob meiner Frechheitmündete dann in die Frage, ob ich ihm mit Rat und Tat (natürlichdiskret) zur Seite zu stehen bereit sei, wenn es dochSchwierigkeiten gebe, notfalls auch als dann nicht mehr anonymer”Schuldiger”, wenn der Konflikt mit dem hohen Ministerium sichdramatischer entwickle als von mir eingeschätzt. Mein schlichtes”Ja” hat ihn dann doch (wie manchen anderen) weder beruhigt nochauch zum Handeln ermutigt. Soweit ich weiß, steckt jenesMaster-Programm noch immer in dem, was professionelle Ankündigereine “Pipeline” nennen.

Es sind im Grunde zwei Tragik-Komödien, die ich hier erzählthabe, um zu verdeutlichen, wie stark die Scheu vor persönlichzurechenbarer Verantwortung dazu beiträgt, bürokratische Verfahrender “Qualitätssicherung” zu begünstigen, die in Ausmaß und Aufwandfast immer und überall überzogen (die Schweizer sagen so schönplastisch “überrissen”) erscheinen.

In de geest van Fichte

Ich bekenne mich persönlich, was die Bildung angeht, ausbiografischen Gründen wie auch auf der Grundlage des bisherVorgetragenen zu einem der bekannten Sätze eines der deutschenNationalphilosophen: “Bildung beruht auf Selbsttätigkeit und zieltauf Selbsttätigkeit ab.” Schon bei dem Autor dieses Satzes, KollegeFichte aus Jena, vor 200 Jahren, wird also derProzesscharakter des Sich-Bildens durch aktives Lernen erkennbar.Und damit auch, dass die Zugänge zu diesem Prozess durch natürlicheAnlagen wie durch deren Aktivierung oder Nichtaktivierung durch dasjeweilige soziale Umfeld in der frühen Kindheit stark, d.h. sozialrelevant vorgeprägt (wenngleich nicht vollständig bestimmt) werden.  

“Bildung ist Kompetenz-Entwicklung” so  Kollege RolfArnold, insoweit durch Art und Umfang des Gelernten soziale Chancenund Risiken stark vorgeprägt (wenngleich nicht vollständigbestimmt) werden. So wichtig bei der Kompetenzentwicklung dieGegenstände und die Methoden der Welterfahrung in organisiertenLernprozessen sind, so sehr muss ich im Sinne Fichtes (und vieleranderer Autoren) darauf bestehen, dass Gelerntes nur dann in denSynapsen des Gehirns verankert bleibt und ihnen nicht schnell (z.B.nach Prüfungen) wieder entgleitet, und also, wenn verankert,auch den Charakter zu prägen in der Lage ist, wenn der Lernprozessaktiv und angetrieben durch eigenes Interesse und unter Beteiligungder Gefühls-Physiologie geschieht. Das gilt dann auch beim oftvernachlässigten, weil angeblich zu anstrengenden oder öden, weil’uncoolen’ Üben und Trainieren, ohne das aber belastbareKompetenzen nicht entstehen.

Weten, kennen, onderscheiden, beoordelen,verantwoorden  

Aus solchem Verständnis von Bildung geht nun klar hervor, dassdie Bonität oder Qualität von Bildungs-Programmen oder ganzenEinrichtungen in erster Linie daran erkannt werden können, welcheKompetenz-Entwicklung  durch sie gefördert wurde, d.h. welchesNiveau die Kompetenzen der Absolventen erreichen.

Das ganze ausdifferenzierte, aber für sich inhaltsleereKriterien- und Regelwerk eines aus der Produktionswirtschaftgeliehenen “Qualitätsmanagements” samt seiner begrifflichenKristallisationen wie Evaluation, Akkreditierung, Qualitäts-Zirkel,Rating, Ranking etc. muss sich selbst daran messen lassen, obund in welchem Umfang die Kompetenzen einer bestimmtenPersönlichkeit – also: ihr Wissen, Erkennen, Unterscheiden,Bewerten, Probleme Lösen, Kommunizieren, Verantworten, in denBewertungen auch berücksichtigt sind.

Oder ganz knapp: was herauskommt, ist für die Qualitätmindestens so wichtig wie das, was herein kam.

Jedenfalls ist noch immer die Zahl der Hochschulen, die sichebenso systematisch wie energisch um ihre Absolventen kümmern, zuklein. Die Privaten tun hier viel mehr, aus wohl verstandenemEigeninteresse. Denn sie wissen, was sie an dem doppelten Schatzhaben, den gepflegte Absolventen-Netzwerke darstellen: einerseitsbelegen sie die Qualität einer Bildungs-Anstrengung, oft auch nebendem Beruf, andererseits sind Absolventen durchaus auch”Testimonials” im Sinne eines aktiven Marketing. Sie tragen dasQualitäts-Image in die Welt hinaus und verwandeln es in “tangiblesupport”.

De workload

Ja, der Europäische Qualifikationsrahmen hat dazu beigetragen,auch in die nationalen Kriterien für die Akkreditierung vonStudienprogrammen gewisse Kompetenz-Erwartungen einzuführen. Aufdem Papier. Die FIBAA gehört zu den Agenturen, die sich bei ihrenAkkreditierungen wie auch bei anderen Zertifizierungsverfahren umdie Operationalisierung von Kompetenzstufen bemüht.  ImAllgemeinen aber herrscht bisher der quantitative “In-Put”, alsodie formal leicht erfassbare Vermittlungs-Struktur: d.h. wie vielevollzeitliche und nebenamtliche Lehrkräfte, wie viele von welcherHierarchiestufe – ich nenne das oft die “Geweihstärke”- den Studienihre “workload” verpassen.

Dabei spielt doch die Qualität von Berufungsverfahren an denHochschulen eine große, leider bei den Verfahren bislang zu wenigbeachtete Rolle. Es ist daher sehr verdienstvoll, dass dieÖsterreichische Qualitätsagentur (AQA) im Dezember 2010 ein kleinesHandbuch zur “Qualitätsentwicklung des Berufungsmanagements anösterreichischen Universitäten” veröffentlicht hat, zu dem ich aucheinen kleinen Beitrag leisten durfte.

Die schon erwähnte “workload” oder auf Deutsch, genausoentlarvend, die Arbeitslast, ist übrigens, wenn schematisch inWochenstunden umgerechnet und dann wieder in ECTS-Punkten (alsoKreditpunkten für den Abschluss) ausgezahlt, ein für dieangemessene Bewertung der Qualität von Studienprogrammen unzureichendes Kriterium, da  hier fiktiveDurchschnittswerte zugrunde gelegt werden, die manchem Phlegmatikusnie und nimmer ausreichen, den jedoch meist hoch motivierten (undgut vorbereiteten) Studien im berufsbegleitenden  Studium alsschlichte Zeit-Verschwendung erscheinen müssen.

De echte ‘Boniteit’ van het leren

Schon die Art des nebenberuflichen Studierens, zumal wenn es ineinem weiterbildenden DistancE – Learning Programm oder im “blendedlearning” geschieht, ist durch einen weit höheren ‘Wirkungsgrad’der Lernprozesse ausgezeichnet als dies die vom  universitärenHofzeremoniell als scheinbar unantastbar vorgegebenen Formen dertraditionellen Vorlesung und des Seminars mit ihren oft sedierendenWirkungen je ermöglichen. Wer einen Begriff davon gewinnen will,welche neuen kreativen neuen Lern- und Lehrformen inzwischen auchdas akademische Lernen bereichern, sehe sich die Laudationes fürdie vielen Lehrpreise an Hochschulen an. Die machen Mut.

Über die tatsächliche Qualität im Sinne von Bonität schulischenoder hochschulischen Lernens erfahren wir aber über jenePapier-Methode leider zu wenig. Und sie wird auch durch danachvorgenommene Bewertungen nicht besser oder schlechter. Seit 2003haben Eckhard Klieme und weitere Kollegen darauf hingewiesen, dassBildungs-Standards ohne begleitende Reformen derUnterrichtsentwicklung keine Wirkung zeigen. Diese Feststellunggilt auch für den Bereich der angestrebten Kompetenzen imHochschulbereich.

Während aber im Schulbereich über kompetenz-orientierte neueSchulbücher, Unterrichts-Materialien und neue Unterrichtsformenmindestens in den mathematisch-naturwissenschaftlichen FächernAnsätze zu einer spürbaren Qualitätsverbesserung erkennbar werden,liegt, aufs Ganze gesehen, das aktive Lernen im Hochschulbereichnoch weitgehend in den einfallslosen Prokrustes-Betten einer auchin der Bakkalaureus/Bachelor-Phase völlig überflüssigen, weil alleBeteiligten frustrierenden Verschulung im Sinne der “Verabreichung”angeblich gesicherter Wissensbestände. Natürlich gibt es auch hierpositive Gegenbeispiele, aber leider noch viel zu wenige.

Schon wenn man einem verehrten, älteren Kollegen Historikervorhält, wie sinnvoll und nachher auch befriedigend für einenHochschullehrer der berufsbegleitende Einstieg in dasErlernen  neuer Lern- und Lehrkonzepte wie interaktivesE-Learning, Projekt-Studium, Planspiele usw. sein könnte, kann manschon einmal barsche Zurückweisung erfahren.

Dabei sind gerade kombinierte Distance- und E-Learning Konzeptefür die Zukunft der alternden Gesellschaft von zentraler Bedeutung.Und sie könnten auch wirksamer als der quantitative Ausbau der”alten” Lehr-Kapazitäten die ja zeitlich begrenzte Überlastung derHochschulen durch die nächsten starken Studienbewerber-Jahrgängemindern helfen.

Doe het wel bescheiden

Auf solche niedrigen Tätigkeiten müsse man sich alsausgewiesener Forscher nicht einlassen, höre ich dann von jenemKollegen, und: schließlich habe man selbst auch auf die bewährteWeise seinen Historiker- Weg gemacht. Und dann die Didaktiker:seien das nicht Leute, die weder etwas vom eigentlichen Fachverstünden noch auch ihre eigenen Theorien so praktizieren könnten,dass man eine Besserung des studentischen Verstehens erkennenkönne? An dieser Stelle ist der Kollege dann verblüfft, wenn ichihm bei der Einschätzung der Lehr-Kompetenz des einen oder anderenDidaktikers Recht gebe.

Das ist wohl leider manchmal der Fall. Aber eben nicht immer.Auf ein Planspiel zum Reichstagsbrand von 1933 oder auf einProjekt  zu den Szenarien der Reparationsfrage nach dem ersten Weltkrieg mag sich jedenfalls der verehrteHistoriker-Kollege dann doch nicht einlassen.   

Verfahren wie Evaluation, Ranking, Rating, Akkreditierung oderdie tollen, sich selbst erfreuenden System-Qualitäts-Managementsmüssen auch die für die Studierenden und ihre Kompetenzentwicklungentscheidende Frage nach der Qualität der Lernprozesse selbststellen. Bei alldem bleibt uns nur die Devise:Quality-Exercises are fine. Aber: betreibt sie bitte mitviel mehr Bescheidenheit, mit viel weniger bürokratischem Aufwand(und damit auch Kosten) und mit viel weniger Vor-Urteilen, als mansie da und dort bei der Bewertung privater Hochschulen oder ihrerStudienprogramme liest.

Die selbstreferenzielle Arroganz mancher Gutachter instaatlichen Lebenszeitstellen gegenüber den Leistungennebenberuflicher Lehrkräfte erinnert zuweilen an die closedshops englischer Gewerkschaften in der Vor-Thatcher-Ära oderauch an den Zunftneid einiger Meistersinger von Nürnberg.

Vier praktische tips tot slot

Das klingt ja nun nach einer eher negativen Bestandsaufnahme derschwierigen Beziehung von Hochschulbildung und Qualität. In einerZeit, in der hoch dotierte, aber von persönlicher Haftungfreigestellte Bank-Experten uns wenig belastbare Horrorszenarienoder rosarote Horizonte für unsere Volkswirtschaft und dieWeltwirtschaft im Ganzen in die Massenmedien kippen und damit diesich selbst verstärkende Rückkopplung von Euphorie oderPanikattacken an den Börsen und in der Bevölkerung noch weitertreiben, kann und will ich Sie, verehrte Damen und Herren nichtohne praktische Hinweise die weiteren Beiträge dieser Tagung hörenlassen:

1. Auch wenn der in einigen Ländern um sich greifendeBürokratismus beim Qualitätsmanagement noch unerfreulich ist, erlässt sich reduzieren. Denn ohne solche “Q”- Übungen” können diemodernen großen Hochschulen die Anforderungen des EuropäischenHochschulraumes nicht mehr erfüllen.

2. Der deutsche Akkreditierungsrat, beruhend auf einempolitischen Kompromiss der für die Hochschulen verantwortlichenBundesländer, die infolgedessen auch in dem Rat eine starkeStellung haben, akkreditiert gegenwärtig halbstaatliche, aber auchprivat getragene Agenturen für ihren Auftrag, die Einhaltung vonMindeststandards bei Studienprogrammen aller Hochschulen zuüberprüfen und durch ein ‘Pickerl’ zu bestätigen.

Darüber hinaus vergeben einzelne Agenturen, darunter die FIBAA,zu deren Trägern auch die IV gehört, eigene Qualitätssiegel, dieden Nachweis höherer Standards bestätigen. Dabei werden neben demwissenschaftlichen Niveau auch die in den Studienprogrammen zuerwerbenden Kompetenzen für eine anspruchsvolle Berufstätigkeit(Praxisbezug)  bewertet. Dies wird vor allem auch durch dieMitwirkung externe Fachleute aus den jeweiligen Berufsfeldern alsGutachter gesichert. Auch die Mitwirkung von studentischenGutachtern ist selbstverständlich.

3. Der Wettbewerb der Agenturen wirkt qualitätssteigernd, wieauch der Wettbewerb der Hochschulen selbst. In Ländern, die nureine einzige, dazu noch von einer Regierung abhängigeAkkreditierungs-Einrichtung kennen, sind die Risiken derÜberbürokratisierung, der Anwendung von rein nationalen,statischen, realitätsfernen Kriterien nicht zu übersehen. Dahersollte bei der  staatlichen Neuregelung vonQualitätsmanagement-Prozessen im Hochschulbereich auf ein gewissesMaß an wettbewerblicher Organisation und auf die Mitwirkungexterner Fachleute und studentischer Gutachter nicht verzichtetwerden.

4. Bei den Kriterien für die staatliche Anerkennung bzw. für dieAkkreditierung von Hochschulen wie auch von Studienprogrammenmüssen neben den Lehrplänen und dem Umfanges des Lehrpersonals auchdie Qualität der Berufungsverfahren und die faktisch erreichtenKompetenzen der Absolventen eine Rolle spielen.

Keine leichte Aufgabe. Aber: “Nicht weil es schwierig ist, wagenwir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist esschwierig.”  Wir sollten dem alten Herrn Seneca folgen undmehr wagen. Mit  common sense und  mitAugenmaß.

Näheres zum Autor und seinen hochschulpolitischen Beiträgenunter  www.klauslandfried.de 


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